Liebe Geldreformer!
Lieber Helmut Creutz!

In der Antwort von Helmut Creutz auf die Replik von Ernst Dorfner steht an Anfang der wichtige Satz:
"Für darüber hinausgehende 'Kreditschöpfungen' der Banken habe ich bislang weder Indizien noch Beweise entdeckt."

Nun ist die Nichtentdeckung von Indizien oder Schuldbeweisen noch kein Nachweis für die objektive Schuldlosigkeit des Angeklagten.

Aber stellt Euch einmal die folgende verrückte Situation vor.
Vor Gericht steht ein Angeklagter und gesteht eine veranscheuungswürdige Tat.
Dies beeindruckt aber den Richter oder den Staatsanwalt nicht, sondern einer der beiden spräche nun wie folgt:
"Das Gericht hat bisher weder Indizien noch Beweise für die Tat entdeckt, daher ist der Angeklagte freizusprechen."

Daß man jemanden nicht verurteilt, solange man keine Beweise gegen ihn hat, entspricht unserer Rechtsordnung.
Daß aber jemand feigesprochen werden soll, der die Tat gesteht, kann ich nicht begreifen.

Die Geldwissenschaftler ebenso wie die Bankverantwortlichen leugnen nicht im geringsten, daß Giralgeld durch die Buchhaltung der Geschäftsbanken entsteht, und zwar bei Kreditvergaben und beim Ankauf von Wertpapieren (aber auch bei "Bezahlung" von Aufwand).
In der Literatur wird dies als die akive Giralgeldschöpfung durch die Geschäftsbanken bezeichnet.
Sogar in jedem besseren Lexikon ist es unter den Stichwörtern "Geldschöpfung" oder "Kreditschöpfung" nachzulesen.

Aber Helmut Creutz versteift sich darauf, daß die Banken, die die böse Tat des Geldfälschens durchaus zugeben, mangels Bewiesen freizusprechen seinen.
Dies ist wohl eine gewaltige Absurdität und zudem ein großer Hemmschuh für die Durchsetzung einer Geldreform, die dieses Bankenprivileg endlich beseitigt.

Nun mögen manche der Meinung sein, diese Diskussion um die Geldschöpfung wäre für die Realität doch unwichtig, es spielte keine Rolle und wäre nur ein Gelehrtenstreit.
Ist es aber leider nicht. Es spielt eine große Rolle bei der Suche nach einem Ausweg.

Helmut Creutz ist der Meinung, unsere Banken würden nur jenes (Bar-)Geld verleihen, das ihnen zuvor die Sparer gebracht haben. Das war vor vielen vielen Jahren einmal so, als die Menschen noch gottesfürchtig waren, entspricht aber heute nicht mehr den Tatachen (und auch damals gab es schon findige Bankiers - Robert Fischer zitiert Ansätze bis ins 12. Jhd zurück).
Auf diese überholte Auffassung baut Creutz seinen Lösungsvorschlag auf.
Er meint, es würde genügen, das Bargeld mit einer Steuer (Umlaufsicherung oder sonstwie genannt) zu belegen, und schon wäre das Geldproblem gelöst.

Sicher würden die Leute dann das tun, wozu sie durch die Banken jetzt auch schon immer ermuntert werden, nämlich kein Bargeld mehr zu verwenden.
Leute, die Bargeld gehortet hätten, würden dieses tatsächlich schnellstens zur Bank zu bringen und es gegen Guthaben tauschen.
Alle wissen heute, daß man mit Bankguthaben - OBWOHL SIE NUR GUTHABEN SIND - dennoch alles bezahlen kann und meist sogar kostengünstiger und weniger nervenaufreibend.
Dafür haben die Banken zu ihrem Nutz und Frommen schon gesorgt, daß dies so ist.

Also: Jeder der irgendwo Geldscheine herumliegen hat, würde diese zwecks Kosteneinsparung zur Bank bringen und je nachdem, was er vorhat, entweder auf ein Sparkonto oder auf ein Sichtkonto einzahlen..
Hat er vor, sein Geld weiterhin zu horten, dann gibt er es auf ein Sparkonto und bekommt nun für seine Hortungsabsicht sogar Zinsen zugebucht. Statistisch würde dieses Geld dann aus M1 herausfallen. Da facto war es aber bereits gehortet, ohne daß dies die Statistik erfaßt hätte.
Hat er aber vor, das bisher gehortete Geld nun umgehend auszugeben, dann gibt er es auf ein Sichtkonto (z.B. Gehaltskonto) und tätigt seine Zahlungen ab nun von dort. Dann ändert sich auch in der Statistik nichts.
Sollte in nennswertem Umfang dadurch bisher gehortetes Geld in den Umlauf kommen, sich die wirksame Geldmenge also vermehren, dann wäre dies auch nur ein Einmaleffekt, der keine Fortsetzung fände.

Und nun kommt der springende Punkt:
Die Bank würde rasch dazusehen, daß sie das steuerbelastete Bargeld wieder los wird, und sie gäbe es der Zentralbank zurück, von der sie Bargeld früher einmal bezogen hat.
Die Geschäftsbank gibt das Bargeld mit Freude zurück (denn sie erspart sich dadurch Zinsenzahlungen an die Zentralbank bzw. den Verlust von Wertpapierzinsen UND auch die neue Steuer), weil sie genau wüßte, daß sie dieses Bargeld nun ohnedies nicht mehr benötigen wird.
Kaum ein Kreditnehmer will bereits heute das Bargeld (das ihm zusteht) abholen, geschweige denn, daß er unter den dann gültigen Reform-Bedingungen dieses gerne haben wollte (außer vielleicht für einen ganz kurzen Zeitraum - und dann kommt es wieder zu einer Bank).
Die Wirtschaft und die Geschäftsbanken bräuchten dann Bargeld so gut wie überhaupt nicht mehr, denn alle Leuten würden nur mehr das von den Banken (durch die Buchhaltung) selbst erzeugte Buchgeld - z.B. mit Hilfe der elektronischen Geldbörse - benutzen wollen. Wer zahlt schon geren Steuern, wenn er sie vermeiden kann.

Was ist mit einer solchen Reform zu gewinnen?
Weder fallen dadurch die Banksollzinsen (der Habenzinssatz würde entsprechend dem Geldzustrom zwar vermutlich abgesenkt, aber die Gesamtmenge der be"zahlten" Zinsen würde gleichbleiben; groß wäre die Zinsfußsenkung jedenfalls aber nicht und die Gesamtbelastung bliebe gleich), noch stiege die Umlaufgeschwindigkeit.
Die Banken würden nicht im Geld ertrinken und es wäre wahrscheinlich genau so viel echt wirksames Geld (M1) im Umlauf, wie vorher.
Das Ganze ähnelt dem Hornberger Schießen ohne besonderen Effekt.
Auch die Steuereinnahmen daraus wären - wegen der leichten Vermeidbarkeit der Steuer - keineswegs hoch anzusetzen.
(Der derzeitige Bargeld"umlauf" betragt 245 Mrd. DM. Davon sind nach Schätzungen 30% im Ausland vor allem in Osteuropa. Somit sind rd. 170 Mr. in Deutschland. Bei Einführung der Geldsteuer würde sich der Bedarf an Bargeld sicher mindestens halbieren. Dann verblieben 85 Mrd. DM. Eine 10%-ige Geldsteuer (übers Jahr) brächte dann gerade 8,5 Mrd DM. Das ist verschwindend in Relation zu den 2400 Mrd. DM Staatsschulden und den darauf zu bezahlenden Zinsen von moderat berechnet 120 Mrd. DM. Gleichzeitig würde auch noch der Anteil am Seignoragegewinn der EZB schwinden. DAnn ist es noch weniger interessant für den Staat. Und die Partei, die diese Steuer eingeführt haben würde, müßte bei der nächsten Wahl mit ihrer Abwahl rechnen.)

Zur Klarstellung: Diese Vorausschau gilt für die Einführung einer Umlaufsicherung innerhalb des HEUTIGEN Geldsystems.
Dieses unterscheidet sich eklatant von einem Freigeldsystem.
In einem Freigeldsystem gibt es laut Gesell gar keine Zentralbank, an die Geldscheine retourniert werden könnten.
Damit sieht die Sache anders aus.

Nun sagen einige, daß man ja noch weitergehen müßte, und auch die Sichtguthaben besteuern sollte.
Das würde dann zwar die Steuereinnahemen doch etwas steigern, aber auch diese Steuer ist leicht zu umgehen, weil man ja jederzeit ein Sichtguthaben in ein Sparguthaben verwandeln kann und so die Steuer sparte, wenn man sein Geld nicht ausgeben, also horten will. Ohne Zweifel würden die Banken ihren Kunden dabei behilflich sein, dies ohne besondere Mhe zu bewerkstelligen. Die Geldhortung zu ermeiden, ist aber doch genau das erklärte Ziel der Umlaufsicherung.

Es gibt nun auch hier deutliche Anzeichen dafür, daß relativ viel Geld heute einfach auf Sichtguthaben gehalten wird (solange die Habenzinsen so niedrig sind wie jetzt). Keynes nannte das die Liquiditätspräferenz.
Auch hier müßte demnanch mit niedrigeren Steuereinnahmen gerechnet werden, als man vielleicht erwartete.

Das wäre zwar nicht so wichtig, wenn der Zweck der Geldreform, die allgemeine Entschuldung und die Beseitigung eines ungerechtfertiten Priviegs, dadurch erreicht werden könnte.
Aber weder kommt dadurch eine Tendenz ins System, Sparguthaben aufzulösen, was eine Voraussetzung der Entschuldung ist, noch wird die Art und Weise geändert, wie Geld in die Welt kommt. Dieses käme nach wie vor durch Bankkredit (Schulden) in die Wirtschaft und die Schulden abzubauen würde nach wie vor mit Geldvernichtung einhergehen.
Die Banken ud Konzerne könnten weiterhin ihren Startvorteil genießen.

Also kann dieses Reförmchen keine wirklich positive Wende bringen.

Dies alles hängt mit der Tatsache zusammen, daß die Banken es geschafft haben, der ganzen Welt den Gebrauch ihres Buchgeldes (das de jure nur ein Anspruch auf echtes Geld ist) schmackhaft zu machen. Dieses wird allgemein als Tauschmittel verwendet (aber auch - jedenfalls in der Form der Sparguthaben - als Hortungsmittel).
Weil Buchgeld eine Verbindlichkeit der Bank darstellt, kann es auch jeder Bank per Buchhaltung erschaffen.
Ich beklage diese Entwicklung (nicht die Tatsache, das dies elektronisch geschieht, was natürlich beibehalten werden muß), und sehe darin eine bekämpfenswerte Privilegierung und möchte diese abgeschafft wissen.
Würde man diese Giro-Kontostände zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklären, dann könnte man die Banken sofort wegen Geldfälschung anklagen. Deshalb werden sie solches zu verhindern wissen.

Aber bei der Beurteilung der GEGENWÄRTIGEN Situation muß diese De-facto-Geldfunktion selbstverständlich in die Analyse aufgenommen werden.
Wenn daher Helmut Creutz schreibt
"Da aber Sichtguthaben - wie das Wort schon sagt - Ansprüche auf Geld darstellen und nur anstelle von Geld als Zahlungsmittel benutzt werden, ist die zweite Definition [der Geldmenge M1] ziemlich fragwürdig."
so bezweifle ich seine Realitätsnähe.
Es ist ein Faktum, daß diese Art von Geld als Tauschmittel benutzt wird, und daher wirkt es auch entsprechend und gehört zur (möglicherweise) wirksamen Geldmenge M1 hinzugerechnet.
Daß diese Art von Geld auch ganz gerne unbenutzt herumliegt, erschwert alle empirischen Aussagen, aber so ist es eben in der Geldtheorie. Vom Bargeld weis auch keiner genau, wieviel davon unter den Matratzen liegt. Und die heutigen Überziehungsmöglichkeiten, die den Bankkunden heute auch offeriert werden, tun noch viel dazu, daß uns die theoretischen Geldmengen-Überlegungen in die Irre führen. Robert Fisher hat immer wieder darauf hingewiesen.

Abschließend eine Frage an Helmut Creutz:
"Mit welchem Geld bezahlt eine Bank den Ankauf eines Aktienpaketes? Mit Bargeld oder mit Buchgeld? Wenn mit Buchgeld, woher stammt dieses? Wem würde dieses weggenommen, wenn es nicht von der Bank selbst erzeugt wird? Gibt es eine Bestimmung, daß die Bank dann die entsprechende Menge Bargeld im Tresor bereithalten muß (100%-Reserve)?"

Besten Gruß
Gerhard Margreiter