Date: Sun, 02 Dec 2001 23:25:21 -0600
To: newmoney@rzmail.uni-erlangen.de
From: Dieter Braun <mail@dieterb.de>
Subject: Reichtumsverteilungsschübe und  -verteilungsbreiten

Ich glaube, wir verstehen langsam, wie das mit dem Warengeld (d.h. Ware als Geld) und
dem Kreditgeld (Activa/Passiva-Paar als Geld) zusammenläuft. Und damit auch wie das
mit dem Bild ohne Käufer in das Bild passt.

Eine Reichtumsverteilung hat nach oben die Anzahl der Personen, nach Rechts
Reichtum, d.h. für beide Währungsansätze ist das Activa minus Passiva (Warengeld
hat keine Passiva, also Activa minus 0). Wir schauen also die Verteilung des
gesamten Wirtschaftlichen Reichtums an, so wie die Buchhaltung ihn erfaßt.

Wenn du nun Picasso-Bilder ohne verkaufen in die Buchführung mit unrealisierten
Schätzpreisen hineinschreibst, dann schiebst du die gesamte Verteilung nach rechts.
Wenn du das Bild nur verkaufst, schiebst du die Verteilung nicht (du gewinnst,
ein anderer verliert) , es kann aber z.B. in einer zufälligen Ökonomie dazu
kommen, daß du sie verbreiterst durch die bargeldlosen Kreditgeldbuchhaltungssätze
und deren Asymmetrie in den Anfangsbedingungen.

Schieben ist Verletzung der Impulserhaltung und zerstört das Nullsummenspiel.
Ob das gut oder schlecht ist, bleibt offen zu diskutieren.

Nun ist die Krux, daß Buchhaltung bei jeder Abschreibung die Verteilung nach rechts
schiebt (ähnlich dein reinschmieren des Bildes in dieselbe). Gleichzeitig sind
Jahresabschlußbuchungen auch Impulssatzverletzend und schieben die Verteilung
nach links, da Passiva als Kapital doppelt gebucht werden. Das gleicht sich aber
beileibe nicht aus, wahrscheinlich die die Summe der Abschreibungen größer als
die Summe der Profite zu Jahresende. Bin mir aber noch nicht ganz sicher, weil die
Abschreibungen irgendwann konvergieren, die Profite aber jährlich akkumulieren.
Das heißt ein paar Heinzel dürfen da schieben und ich als kleine Nichtbank-
NichtUnternehmer darf da nicht schieben, da man mich dann als Geldfälscher
ins Kitchen steckt. Den Ökonomen bereitet das keine Schwierigkeiten, sie schnitzen
ihre Theorien  so hin, daß sie Verteilungen schieben und breiter machen,
ohne nach Buchhaltungsgrundlagen dafür zu fragen.

Nun ist Kreditgeldmenge mehr oder weniger definiert als Breite der Verteilung,
da nur Passiva der Bank erfaßt werden. Das ist OK. Aber beim Kreditvergeben
z.B. wird der Mittelwert der Verteilung nicht abgezogen. Je länger ich durch Abschluß-
buchungen schieben durfte, desto kreditfähiger bin ich, da mein Eigentümerkapital
in einem Nichtsummenspiel abgewachsen ist. Nur ein Fall von wahrscheinlich
vielen, wo die beiden Konzepte des Schublosen Kreditgelds und des schiebenden
Warengeldes chaotisch ineinandergreifen.

Gruß,
Dieter.

PS.: Wenn Leute bei Kreditgeld als Falschgeld bezeichnen, haben sie
         das Bild der Verteilung nicht begriffen: Inflation von Kreditgeld ist Verbreiterung,
         Fälschung von Geld ist Schiebung.

PPS.: Mich würde interessieren, wie weit man kommt, wenn die Verteilung gar
           nicht schiebt, Mittelwert 0 hat und dessen Breite von einem Zentralbank-
           algorithmus entweder konstant, proportional zur Anzahl Leute oder
           sonstwie definiert geregelt wird. Dann hätte ich ein Nullsummenspiel zwischen
           Personen mit endlichem Wertmaßstab und hätten das Geldsystem
           vom Schieben der Warengeldsysteme befreit: Es lebe das Geld im Geldraum.

PPPS.: Wenn die Warengelder die Verteilung schieben, wird das von einem Kredit-
             geldsystem als fehlende Person interpretiert, die das entgegenschiebende
             Activa oder Passiva hat. Streng genommen ist diese Person das Nicht-
             menschliche, d.h. die Natur.

PPPPS.: Wenn das Geld im Geldraum lebt, hätte ich evtl. wieder die Freiheit, Waren
               auch mit Wareneinheiten zu belegen und wenn ich unbedingt will, in einer
               Waren-Ökobilanz-Buchhaltung mit sagen wir Kohlendioxid-Einheiten zu
               bewerten, um die Verschiebung, d.h. die Ausbeutung der Natur weiterhin
               zu erfassen.

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Date: Sat, 08 Dec 2001 18:46:07 -0600
To: newmoney@rzmail.uni-erlangen.de
From: Dieter Braun <mail@dieterb.de>
Subject: Wert/Preisdiskussion: warum ist sie wichtig
 

Lieber Ben,

vielen Dank für deinen ausführlichen und einleuchtenden Text.
Du erwischst mich damit natürlich grade dabei, die Diskussion
in eine Richtung zu drücken (Warenwert weg, Preis her). Das ist
durch diese ganze Buchhaltungsanalysen motiviert.

Ich würde
<schnipp>
>Der Preis (Warenwert) ist eine besondere Art von Wert. Marx hat es so
>gesehen, dass der Warenwert eigentlich eine Beziehung zwischen Menschen
>ausdrückt und der Warenwert diese Beziehung nur vermittelt. Sie beziehen
>sich aufeinander nicht direkt, d.h. über die gegenseitige Anerkennung
>(Wertschätzung) von Leistung (Arbeit), sondern indirekt über das Produkt
>der Arbeit, die Ware.
als sehr sympathisch ansehen, auch wenn man die Geldeinheiten
dieses Preises wohl rein abstrakt definieren muß. Siehe später.

<schnipp>
>Natürlich kann die Amöbe nicht über den Wert, den sie empfindet
>(wahrnimmt) reflektieren. Das können nur einige höher entwickelte
>Säugetiere. Da schert sich aber der Wert nicht drum, ob man ihn bewusst
>reflektiert oder nicht. Das Reflektieren des Wertes, welches die
>Subjekte und Objekte dieser Welt hervorbringt, bringt uns dem Wert nicht
>näher. Im Gegenteil: Reflektion fragmentiert den Wert in sozialen Wert,
>biologischen Wert, Marktwert, kulturellen Wert, etc.
>
>Im Extremfall finden wir uns in einer Gesellschaft, in der die Menschen
>den Wert ziemlich weitgehend aus den Augen verloren haben, weil sie ihn
>(bezogen auf Gegenstände) auf eine eindimensionale Skala - den Preis -
>reduziert haben. Was die Menschen dann als sogenannten "Warenwert" übrig
>behalten, ist oft augehölt und inhaltsleer. Es kann nicht mehr wirklich
>als wertvoll empfunden werden. Lustlos von gelangweilten Arbeitern
>billig produzierte Massenware wird von ebenso lustlosen gelangweilten
>Konsumenten verbraucht. Andererseits ist eine Armada von Politikern und
>Pädagogen aller Art permanent damit beschäftigt, uns (und sich selber)
>einzureden, wir müssten soziale und geistige Werte strikt von
>materiellen Werten separieren. Dass die gepredigten Werte dabei kaum je
>gelebt werden, darauf kommt es nicht an - es geht auch hier letztlich um
>ein Vorgaukeln, eine Rekonstruktion von etwas verlorenem, das durch den
>Versuch seiner Rekonstruktion sich nur umso weiter entfernt.

Achja. Und achnein.
Ich würde die Sache grade andersherum aufziehen.

Kurzer Umweg:
Ich fand das Argument der Ökosteuer, daß 'Natur' nicht genug in den
Preisen auftaucht, um eine erhaltende Entwicklung zu ermöglichen,
stets schlagend. (Auch, weil man strategisch den Argumentfeind
mit denselben Waffen schlägt. Ähnlich Erhard Eppler damals, als er
zwischen Wertkonservativen und Strukturkonservativen unterschied -
man muß es einfach nur intelligent anstellen!).

Du würdest jetzt sagen: ja genau, das ist doch die gefährliche überzogene Ausbeutung
durch Zerrbilder des Preises. Die Menschen werden sich nicht mehr
dem Wert an sich bewußt, sondern müssen es auf dieses Geldwertlineal
pressen. Ich würde sagen: gerade nein: das jetzige System
ist eben gerade kein Nullsummenspiel sondern Geldwerte werden durch
Ausbeutung der 'Natur' direkt in der Buchhaltung gefälscht, weil diese nicht
zwischen Warenwert und Geldwert unterscheidet. Wir weichen genau
und nur mit diesen Buchungen vom Mensch-Mensch Nullsummenspiel ab,
läßt sich in Feynman-Graphen klar zeigen.
(Nicht ganz: Bankenjahresabschlußbuchung gibts da auch noch, aber
dieser Gewinn ist durch die Doppelwährungsdiskussion nicht existent)

Und ich würde gerne dieses riesige Gedankenexperiment durchziehen: was wenn wir
darauf verzichten, in der Buchhaltung bei einem Kauf gegenüber der Natur
(sorry für diesen ungenauen Begriff, nur Faulheit?) nun nicht einen Abschreibungs-
oder ähnliche Activa-eintrag zu machen, ohne das Naturpassiva zu buchen
(was beides eh nicht geht, da mit der 'Natur' kein Preis auszuhandeln ist).
Ich würde also streng nur zwischen Menschen mit Preisen buchhalten und
die Geldmenge (die Breite der Reichtumsverteilung) und deren Mittelwert
(auf 0 setzen? Durch Schenkungen der Zentralbank regulieren?) auf algorithmische
Definitionen setzen. Zum Beispiel Geldmenge=Anzahl Wirtschaftsteilnehmer*1000
und Mittelwert=0.

Nun halt die große Frage: welche Auswirkungen hätte das, gerade in
Bezug auf unser Wertesystem und auch auf die Buchungen gegenüber der 'Natur'?

Bisher kann man den Buchhaltungsgewinn mehren durch Raubbau an der Natur.
Danach kann man ihn nur durch Zentralbankschenkungen oder durch 'Raubbau
an den Mitmenschen' profit machen. Würde ein solches strenges Nullsummen-
spiel zu einer riesigen Demotivation führen? (siehe Roberts 'langweiliges' stabiles
Monopoly?). Laufen wir mit Produktivitätszuwachs in eine Deflation oder wird diese
gerade durch einen Anstieg der Umlaufgeschwindigkeit die mit dem Produktivitäts-
zuwachs sicher einhergeht (genau?) kompensiert? Wäre Deflation in einem solchen
geregelten System überhaupt normal und nicht erschreckend?

Der Algorithmus ist recht simpel, man könnte ihn einfach in einem
Tauschring einbauen und ausprobieren. Er regelt streng angewandt nach jeder Transaktion durch
einen positiven oder negativen Zins die Geldmenge neu auf eine Targetgeldmenge.
Die kann konstant sein, kann proportional zu der Teilnehmerzahl sein, kann was weiß
ich wie steigen oder fallen, wie gewünscht. Geldmengenkovergenz garantiert
und verlässlich definiert. Die Frage ist: welche Reichtumsverteilung wollen wir
wohin geregelt haben und noch wichtiger: mit welchen Gründen?

>Der Preis einer Ware ist immer nur eine schwache Näherung, eine
>verflachte eindimensionale Projektion dessen was ihr Wert ist. So wie
>der Markt die Bewertung mittels der Preise vereinheitlicht, übernimmt
>die Gesellschaft als Konglomerat die Definition (und Fragmentierung) des
>Wertes und entmündigt das wertempfindende Subjekt. Man kann sich dagegen
>wehren - sich aber gänzlich zu entziehen schaffen nur wenige Menschen,
>da man hierzu mehr persönliche Energie braucht, als die meisten übrig
>haben.

Verstehst du: wir haben bisher definitiv die 'Natur' entmündigt, weil sie
nicht mit uns verhandeln kann. Das wäre vielleicht noch OK, aber wir
haben dann einfach definiert, was diese Waren wie z.B. eine neugeborene Kuh
'Wert' zu sein hat und schreiben das in die Buchhaltung. Das sind zwei
Stufen des Prozesses. Ich würde momentan sagen: dann doch mal
diese Warenwertbuchungen draußen lassen, wir bekommen dann ein
Nullsummenspiel (müssen aber die halbe Buchhaltung umkrempeln, mist)
und die Natur taucht erstmal wenigstens gar nicht anstatt falsch bewertet
in den Zahlen in diesen Buchhaltungsspalten auf.

(Wir könnten dann sogar noch einen zweiten Schritt tun: eine Naturwährung
definieren, z.B. mit Tonnen CO2 (OK, die amerikanische Delegation
verlässt nun geschlossen den Raum... sic!) und deren Buchhaltung führen
und sie gegen unseres Mensch-Mensch-Geld in Relation setzen und dann...
ach, weiter weiß auch nicht recht.)

Gruß,
Dieter,
der darüber tief beunruhigt ist und mal wieder rätselt und grübelt
  - wie so oft. sic. Warum kann man nicht schneller denken?
(Und erschreckt darüber wie _direkt_ Buchhaltung sich mit so etwas
allgemeinem wie Naturausbeutung in Verbindung bringen läßt.)
 

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Date: Wed, 02 Jan 2002 00:08:19 +0100
To: newmoney@rzmail.uni-erlangen.de
From: Dieter Braun <mail@dieterb.de>
Subject: Re: AW: Nullsummenspiel/Korrektur.
 

Hi Franz, Ernst et.al.

Es tut mir leid, wenn wir euch argumentativ jetzt so 'zumüllen'.

Es gibt nämlich noch ein ganz anderes Argument, warum ein
Jahresabschluß anders aussehen sollte (und Abschreibungen letztlich auch).
Es ist eigentlich deutlich präziser und mathematischer als das
evtl. zweifelhafte Verlangen, ein Nullsummenspiel haben zu wollen.

Aber man muß dazu mit dieser Vielwährungargumentation in
Feynman-Graphen vertraut sein und ihr auch vertrauen.

Zur Rekapitulation dazu: Geld wird als Activa-Passiva-Paar kreiert.
Ihre Einheiten sind 'Zahl der Scheine' und haben erst einmal noch gar
keinen Wertbezug. Der kommt erst im Umtausch mit anderen
Activa-Passiva-Paaren. Denn: jedes der Paare definiert eine andere
Währung. Alles ist erst einmal nur relativ - und hoffentlich gibts eine
Zentralbank, die wenigstens eine Währung gut definiert.

Wie wird nun ein Unternehmen gegründet und was ist denn dieses
Eigenkapital? Nehmen wir an, A gründet eine Firma B. Typischer-
weise hat A dazu activa einer - sagen wir - schwarzen Grundwährung.
Danach hat B dieses Activa in der schwarzen Währung. Gleichzeitig
wird aber noch ein Activa-Passiva-Paar kreiert, welches an diese
Investition sozusagen erinnert. Weil es eine extra Kreation ist, ist
es auch eine extra Währung, nennen wir sie einfach die weiße Währung.

Danach hat dann A das Activa in weiß und B ein Passiva in weiß.
Dieses Passiva nennt man Eigenkapital oder auch Eigentümerkapital.
Das Activa nennt man bei einer Aktiengesellschaft auch eine Aktie.
Was ist also passiert? A tauscht activa schwarz in activa weiß und
B hat Activa in schwarz als Währung, um etwas zu kaufen und Passiva
in weiß als Erinnerung, daß sie A noch etwas schuldet. Wichtig nun:
die Anzahl der Währungseinheiten, die in der Kapital/Aktienwährung
weiß kreiert wurden sind beliebig! Wenn A 100000DM investiert hat,
kann man sich immer noch darauf einigen, nur 100Aktien in weiß
auszugeben - entsprechend ist zu diesem Zeitpunkt eben ihr Umtausch-
kurs definiert.

Lange Vorrede, kurzes Schlußargument: wenn nun eine JAB kommt,
dann macht es gar keinen Sinn, einen Gewinn, der wahrscheinlich
in der scharzen Währung angefallen ist, zu einem weißen
Eigenkapital-Passiva hinzuzuzählen. Es ist sogar genaugenommen
gar nicht möglich. Das einzige, was passieren sollte, ist, daß die
weiße Aktien/Eigenkapitalwährung im Wert gegenüber der schwarzen
Währung steigen sollte, ohne daß sich ihre Anzahl deswegen ändern soll/muss.
Dies wird in der Buchhaltung aber nur dann einen Niederschlag
finden, wenn Aktien verkauft werden oder Teile der Firma liquidiert werden,
sonst nicht, d.h. nicht bei einer JAB.

Das Schema der unterschiedlichen Währungen läßt also ein Aufrechnen
des Gewinns auf das Eigenkapital überhaupt nicht zu, weil die Einheiten nicht
addierbar sind: man kann nicht 1kg zu 1g addieren, wenn man den
Umtauschkurs kg zu g gar nicht weiß. Im Beispiel man müßte einen Gewinn
von sagen wir 1000DM zu 100Stück Eigenkapital addieren. Ist nicht möglich.
Man wüßte den Umtauschkurs ihn erst, wenn es einen Partner gäbe, mit dem
man ihn durch Tausch auch realisiert aushandelte. Dann hätten wir aber wieder
unser Nullsummenspiel. Alle anderen Preisangaben der Aktie ist pure
Fiktion.

Ich zweifle daran, daß das jetzt jemand hier verstanden hat, aber nun gut.
Wollte nur andeuten, es gibt da noch eine zweite Argumentationskette gibt,
die eigentlich deutlich überzeugender ist, wenn man sich mal reingedacht
hat.

Einen guten Tag,
Dieter.