Der folgende Beitrag,
gegliedert in 4 Teile, beschäftigt sich nicht mit den üblichen
Themenkomplexen einer freiwirtschaftlichen Geldreform, deren Notwendigkeit und
Richtigkeit. Vielmehr soll hier
klargelegt werden, dass eine solche Geldreform solange ins Leere gehen muss, wie
sie auf unser heutiges Geldsystem angewendet werden. Dessen Strukturen liegen
nämlich ganz abseits von den Vorstellungen vom Geld, die alle – einschließlich
der Freiwirte – in ihren Köpfen herumtragen.
Wie gezeigt wird, kann sich
das vorhandene Geldsystem den von
der Freiwirtschaft vorgeschlagenen Institutionen wie der Umlaufsicherung
entziehen.
Noch einmal: Es soll hier
nicht beurteilt werden, ob eine Umlaufsicherung richtig und notwendig ist. Es
geht hier „nur“ darum, ein neues Geldsystem, nämlich das System eines
„Vollgeldes“ vorzustellen, das die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer
Umlaufsicherung schafft.
Damit dieses neue System nun
aber jene Konturen erhält, die es aus dem vorhandenen hervortreten lassen, ist vorausgehend
eine Klärung in unseren Vorstellungen erforderlich. Geld ist nicht so, wie es
üblicherweise gesehen wird. So aber wie es wirklich ist, sieht es kaum jemand.
Mit Vollgeld aber schaffen wir dann ein Geld, wie wir es sehen.
Kurz und gut: Wir müssen das
Geld erst schaffen, auf das wir die freiwirtschaftlichen Reformvorschläge dann
anwenden können.
Bereits Silvio Gesell hat
das erkannt.
Die Titel der einzelnen
Beiträge sind
Teil 1 : Geld, wie es
gesehen wird
Teil 2: Geld, wie es
ist
Teil 3: Geld und seine
Gläubigen
Teil 5: Mit Vollgeld zum Tauschgeld
Eines sei hier noch angemerkt: Um das Wesen des
derzeitigen Geldes verstehen zu können, ist es erforderlich, sich mit den
Grundzügen der Bilanzbuchhaltung beschäftigen. Andernfalls bleibt so manche
Erklärung ein Buch mit sieben Siegeln.
Paul A. Samuelson schreibt
in seinem Standardlehrbuch: „In allen Kulturen, mit Ausnahme der
allerprimitivsten, tauschen die Menschen nicht direkt ein Gut gegen ein anderes.
Statt dessen verkaufen sie ein Gut gegen Geld und verwenden dann dieses Geld zum
Kauf der Güter, die sie erwerben wollen.“
Samuelson dann weiter:
„Statt eines doppelten Zufalls gleicher Bedürfnisse gibt es eher einen
Bedarf an Zufall; nur wenn ein hungriger Schneider einen unbekleideten Bauern
trifft, der über Nahrungsmittel verfügt und sich Hosen wünscht, können beide
einen Handel abschließen. Geld vereinfacht das Wirtschaftsleben.“ (1)
Mit dieser ‘doppelten
Koinzidenz’ wird der Vorteil des Geldes erklärt. Und allein bei diesem einzigen
Vorteil bleibt es auch. Wobei Geld ganz einfach da ist.
Geld ist in diesem Sinn eine
Tauschware, das zwar gebraucht, aber nie verbraucht wird. Als diese Tauschware,
so die Vorstellung, wird Geld von einem Wirtschaftssubjekt zum nächsten und
wieder zum nächsten im Austausch für eine Verbrauchsware (2) weitergegeben. Also
von A zu B zu I zu R zu Z zu B zu G
zu X zu A zu .... Diese Tauschware
ist genau so selbstverständlich da wie jede andere Ware. Sie wird von
irgendjemandem als Ware hergestellt und im Austausch gegen eine andere in Umlauf
gebracht. Und da sie dabei nicht verbraucht wird, bleibt sie auch immerfort
darin, sofern sie als Ware nicht zurückgehalten wird.
Wird diese Tauschware als
Schatzmittel zurückgehalten, so wird der Kreislauf unterbrochen. Daraus entsteht
die herkömmliche Vorstellung vom Sparen und Verleihen von Geld: Die Tauschware,
also ein Ding, wird gegen einen Vertrag auf Rückgabe zu einem bestimmten
Zeitpunkt verliehen und so wieder in den Umlauf zurückgeschleust. Die Tauschware
wird also gegen einen Vertrag auf Rückgabe zu einem späteren Zeitpunkt
ausgetauscht. Eine Verbuchung im Sinne der doppelten Buchhaltung findet dabei
dann nicht statt, wenn ein Verleihen ohne Zwischenschaltung einer Bank erfolgt,
was ja hier beim Verleihen von Dingen möglich ist.
Wenn aber über eine Bank
verliehen - und verbucht - wird,
dann steht im ersten Schritt - dem Verleihen des Geldes vom Kunden A an die Bank
- dem Geldbetrag auf der Aktivseite
der Bankenbilanz auf der Passivseite eine Verbindlichkeit gegen A gegenüber. Das
Geld bleibt dabei erhalten.
Die Verbindlichkeit ist hier
eine in Geld. Erst im zweiten Schritt, wenn das Geld an C weiterverliehen wird,
wird die Verbindlichkeit der Bank bzw. die Forderung des A eine Forderung in
Geldvermögen. Dies anzumerken ist
wichtig, weil sich hier dann später gegenüber unserem heutigen Geld ein
entscheidender Unterschied zeigt
Diese Tauschware ist
ursprünglich das Gold – Gold als über die Goldgewinnung produzierte Ware. Diese
Vorstellung einer Tauschware bleibt
beim Übergang zum Papiergeld erhalten, obwohl man weiß, dass dessen Produktion
kaum mehr Kosten verursachen. So ist Geld in der üblichen Vorstellungswelt
weiterhin ganz einfach da, so als ob es im Austausch gegen eine andere Ware in
den Kreislauf gekommen wäre.
Dieses ‚ganz einfach
Da-sein’ von Geld findet sich so bei Helmut Creutz, wenn er schreibt: „In einem
Kreis gibt es keinen Anfang und kein Ende. Ein einmal in den Kreislauf gegebener
Geldschein kann also endlos kursieren, ganz gleich, wofür er verwendet wird.
Machen wir uns das an einfachen Modellen mit fünf Beteiligten klar.
A kauft bei B. – B benötigt
das erhaltene Geld nicht und verleiht es an C. – C kauft bei D. – D verleiht es
an E, der damit wieder bei A eine Leistung bezahlt. Der umlaufende Geldschein
wurde also dreimal zum Kaufen und zweimal zum Verleihen benutzt. Hätte B den
erhaltenen überschüssigen Geldschein nicht verliehen, sondern bei sich
liegengelassen, so wären die nachfolgenden Vorgänge nicht möglich gewesen.
Dieses einfache Beispiel zeigt, welche Gefahren von Geldzurückhaltungen
ausgehen.“ (3)
Aus diesem Modell wird
erkennbar, was unter Geld, Kredit und Geldumlauf verstanden wird. Dabei werden
folgende Voraussetzungen stillschweigend und unhinterfragt immer wieder
angenommen:
1. Alle Waren einschließlich der Tauschware Geld werden
in einem vorgeldlichen Bereich hergestellt.
Die Fertigung von
Waren ist vom Geld nicht abhängig. Eine Vorfinanzierung in Geld ist nicht
notwendig.
Die so hergestellten Waren treffen am Markt
aufeinander, wo sie vermittels des Geldes getauscht
werden.
Die Bereitstellung von neuen Verbrauchswaren nach dem
Verkauf der alten bereitet kein zeitliches Problem. Das Warenangebot rückt also
sofort wieder nach, so dass mit dem weitergegebenen Geld sofort wieder Waren
gekauft werden können.
Geld kann so nur
verschwinden, wenn die Tauschware missbräuchlich verbraucht oder als Schatz aus
dem Verkehr gezogen wird.
Geld zirkuliert als niemals verbrauchte Tauschware,
die gegen eine Verbrauchsware getauscht wird.
Je
rascher dieses Geld zirkuliert – so die Vorstellung -, umso mehr kann verkauft
werden, umso reicher ist also die Gesellschaft. Der Reichtum der Gesellschaft
hängt also nur von einem klaglos funktioniernden Handel
ab.
Geldzurückhaltung (Hortung) unterbricht den
Geld-Kreislauf und damit den Handel. Weiterverleihen führt das Geld in den
Kreislauf zurück.
Unter Sparen wird das Nichtverwenden des Geldes durch
den Sparer und dessen Weiterverleihen an einen Kreditnehmer
verstanden.
Um
Kredite vergeben zu können, müssen die Banken Ersparnisse an sich
bringen.
Dazu müssen sie den Sparern Haben-Zinsen zusichern,
die sie dann an die Kreditnehmer mit Zuschlag einer Bank-Marge weiterverrechnen
müssen.
Diese Aussage scheint selbstverständlich und daher
entbehrlich. Sie wird aber gemacht, um schon jetzt auf einen entscheidenden
Unterschied zum Kreditgeldsystem hinzuweisen.
Dieses Modell beschreibt den
mittelalterlichen Handelskapitalismus, nicht jedoch den Produktions- oder
Industriekapitalismus der Neuzeit.
Doch noch immer prägt es die Vorstellungen rund um das Geld: So irgendwie
als Tauschware kommt auch unser heutiges Geld in den Umlauf, bereitgestellt
durch die Zentralbank, welche die alleinige Macht zu dessen Bereitstellung hat,
so irgendwie funktioniert das alles auch mit dem modernen Geld, dem Sparen und
den Krediten. So irgendwie. Geld: Ein A-priori. Doch „nichts genaueres weiß man
nicht“.
Anmerkungen:
1. Paul A. Samuelson,
Volkswirtschaftslehre, Bd. I, S. 356, Bund-Verlag, 1975
2. Auch die üblichen Gebrauchswaren
werden ja mit der Zeit ‚verbraucht’.
3. Helmut Creutz, Das Geldsyndrom,
S.52, Ullstein, 1994