Risiko und
Gewinn: Ohne Gewinnaussicht kein Risiko
Es sind immer mehr die
Geschäftsbanken, die verzinsliche Kredite schöpfen und damit das Geld
hervorbringen.
1.
Neben der Schaffung von Gütern
und Leistungen ist bereits die Schaffung von Geld immer mehr ein
profitorientiertes Geschäft der Geschäftsbanken durch Schöpfung von Krediten aus
dem Nichts.
Die Folgen wiegen schwer, ist doch Geld eines – wenn
nicht das – zentrale Steuerungs- und Kommunikationsinstrument nicht nur
der Wirtschaft, sondern der ganzen Gesellschaft. Doch was sind die
Voraussetzungen für die Entstehung von Geld?
2.
Kein Kredit ohne
Verschuldung, das heißt, kein
Kredit ohne „Auf das Spiel setzen von bereits erworbenen
Eigentum.“
3.
Da aber mit der Tilgung
von Krediten immer wieder Geld verschwindet – oder vernichtet wird – bedarf es
immer wieder neuer Kredite und damit neuer Verschuldungen, damit ausreichend
Geld vorhanden ist.
4.
Ausreichend heißt dabei:
Es muss soviel Geld vorhanden sein, dass die angebotene Waren- und
Dienstleistungsmenge einer Periode zu Preisen verkauft werden kann, welche die
Erzeugungskosten plus einem Zuschlag für Risiko und Gewinn plus einem Zuschlag
für die Verzinsung der Fremdfinanzierung enthalten.
Dieses gilt nun aber
nicht nur für ein einzelnes Unternehmen, sondern auch für alle Unternehmen
zusammen, also der gesamten kapitalistischen Unternehmung.
5.
Auf Dauer kann die
kapitalistische Geldwirtschaft nur dann funktionieren, wenn gesamtwirtschaftlich
die Gewinne dominieren, also ein positiver Gewinnsaldo entsteht. Besteht nur
eine Gleichwahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust, würde niemand das Risiko
auf sich nehmen, welches mit dem Einsatz von Eigenmittel verbunden ist.
6.
Daraus ergibt sich nun als
der entscheidende Punkt die Notwendigkeit der fortgesetzten Ausweitung der
Geldmenge.
Bei stets gleichbleibender Geldmenge können die erzeugten Güter und Leistungen später im Schnitt auch nur zu Preisen verkauft werden, die ihren Kosten ohne jegliche Zuschläge entsprechen. Jeder Euro aber, der dann auf der einen Seite als Mehrertrag, als Gewinn einsteht, muss auf der anderen Seite zu einem Verlust führen.
„Die ‚List der Vernunft’,
die im geldwirtschaftlichen System wirkt“ - so H. C. Binswanger (11)- „besteht nun darin, dass sich die
Produzenten durch die Aufnahme von Krediten aus dem neugeschöpften Geld
gleichzeitig die (zusätzliche) Nachfrage schaffen, die nötig ist, damit sie ihre
Waren mit Gewinn absetzen können. Die Kredite werden ja dazu benützt, Löhne und
Eigentümerrenten zu bezahlen, also zusätzliches Einkommen entstehen zu lassen,
und zwar bevor die Waren auf den Markt kommen.“ Mit diesen werden ja die
schon fertigen Produkte - die schon früher mit geringerem Geldeinsatz
hergestellt wurden - nun gekauft. Und sie können ob des höheren Einkommens auch
mit Preisen gekauft werden, die höher sind als der Kosten von
gestern
Die kapitalistische Wirtschaft - die Geldwirtschaft - braucht also
zwingend ein genügend großes Wirtschaftwachstum. Nur wenn der Gewinnsaldo
positiv ist, ist die Wahrscheinlichkeit genügend größer als 1, dass die Mehrheit
der Betriebe Gewinne – und keine Verluste – machen.
Der Antrieb unserer Wirtschaft fängt also bereits
dann zu stottern an, wenn ein Wachstum der für Netto-Investitionen ausgegebenen
Gelder zwar noch vorhanden, aber schon zu gering ist.
7.
Es gehört zum Wesen eines Unternehmens, welches
seine Produktion über Kredite vorfinanziert, dass es einen Ertrag abwirft. Zur Absicherung der Kredite
dienen die Eigenmittel (Eigenkapital), welches im Falle eines Verlustes teilweise oder ganz verloren
geht.
In der Unternehmensbilanz drückt sich dies in einer Minderung bis zum Verlust der Eigenmittel aus.
8.
Makroökonomisch zwingt
dies zu einem (genügend großen) Wirtschaftswachstum, da nur bei einem (genügend
großen) positiven Gewinnsaldo die Wahrscheinlichkeit, keinen Verlust an seinem
bereits erworbenen Eigentum zu erleiden, (genügend) größer als 1 ist.
9.
Makroökonomisch steht ein
positiver Gewinnsaldo gerade nicht in Konkurrenz zu einer hohen Lohnsumme,
sondern setzt letzteres ersteres voraus.
Es wird hier darauf aufmerksam gemacht, dass dieses
nur makroökonomisch so gilt.
10.
Eine stationäre
Wirtschaft, bei der mit dem gleichen Geldeinsatz immer wieder gleich viel
erzeugt wird, kann eine Sicherheit des für die Kredite hinterlegten
Eigentums gleich oder größer als 1
nicht gewährleisten.
Die Geldwirtschaft ist ein
hochkomplexes dynamisches System höherer Ordnung - so wie ein Flugzeug. Dieses
braucht die Fortbewegung, so es einmal vom Boden abgehoben hat, nicht nur
zur Zielerreichung, sondern auch zur Aufrechterhaltung des aerodynamischen
Auftriebs – und damit des Systems „Fliegen“. Es wäre zerstörerisch hier in
Kategorien des hydrostatischen Auftriebs
zu handeln. Ein Schiff geht nicht unter, weil es sich nicht mehr
vorwärts bewegt, ein Flugzeug aber
stürzt dann - schon lange vorher - ab. Die kritische Geschwindigkeit liegt ja
weit oberhalb der Null-Geschwindigkeit - abhängig vom Flugzeugtyp. Für
ein modernes Verkehrsflugzeug wesentlich höher als für einen
Doppeldecker.
Ähnliches gilt auch in der Wirtschaft. So braucht die moderne Geldwirtschaft heute des wirtschaftlichen Wachstums - und die kritische Wachstumsrate liegt weit jenseits eines Null-Wachstums. Die hierfür erforderlichen Netto-Investitionen bringen das zusätzliche Geld in das System hinein, das notwendig ist, um Zinsen und Gewinne überhaupt bezahlen zu können. Und die Gewinne sind wiederum notwendig, um das System vor dem Absturz zu bewahren.
Solange hier keine andere
Möglichkeit gefunden wird, das System aufrecht zu erhalten, stellt sich also die
Frage gar nicht, ob man das Wachstum mag oder nicht mag. Derzeit muss es sein,
wie die Ökonomen ja täglich sagen.
Subventionierung der Gewinne
und der Zinserträge
Es sind dies Einsichten, welche die
Wirtschaftspolitiker und – berater schon lange zu entsprechenden Handlungen
veranlassen, wie wohl sie die Theorie nicht zur Kenntnis nehmen. Dass die
Wirtschaft wachsen muss, betonen sie zwar ständig, die Frage, warum dies so sei,
ist aber noch nie beantwortet worden. (12)
Diese so veranlassten Handlungen sind bekannt unter
den Titeln:
Die angebotsorientierte Politik basiert auf
der noch immer und nahezu ausschließlich gelehrten neoklassischen Theorie vom
Wirken der unsichtbaren Hand des Adam Smith. Danach sind
Wirtschaftskrisen durch Störungen des Gleichgewichts der relativen Preise (13)
insbesondere im Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit verursacht. Die
Unternehmer investieren nicht mehr, weil die Gewinne im Verhältnis zu den Löhnen
zu gering sind.
Deshalb versucht nun der Staat durch Senkung der
Unternehmenssteuern den relativen Preis für Kapital anzuheben, damit die
Investitionstätigkeit wieder anzukurbeln, und hofft, die auf der einen Seite
verminderten Steuererträge durch Zunahme der Arbeitsplätze und der dabei
anfallenden Steuern und Erträge mindestens kompensieren zu können. Ansonst
bleibt der Staat passiv.
Soweit die Theorie dieser passiven
Konjunkturpolitik.
Durch die vermehrte Aufnahme von Kredite verbessert
sich auch die Gewinnsituation der Geschäftsbanken. Dabei schafft sich die
Wirtschaft das nötige Geld selbst in einem Zusammenspiel von Produktions- und Bankensektor.
Bei der nachfrageorientierten Politik wird
zwar von der gleichen Theorieschule ausgegangen, doch ist der Glaube an die
invisible hand stark relativiert. Seit J. M. Keynes ist der Staat
gehalten, aktive Konjunkturpolitik zu betreiben. Er ist es nun, der Kredite aufnimmt, um damit zusätzliche
Arbeitsplätze und zusätzliche Nachfrage zu erzeugen.
In diesem Fall werden die Gewinne zu über eine
Verschuldung des Staates subventioniert.
1.
Bei der passiven wie auch
der aktiven Konjunkturpolitik geht es um die Sicherung eines ausreichend hohen
makroökonomischen Gewinnsaldos, um so die Unternehmen mittelfristig wieder zu
eigenen Netto- Investitionen zu veranlassen.
Befürchtungen wegen einer besonderen Inflationsgefahr
durch das zusätzlich in den Umlauf kommende Geld werden dabei mitunter geäußert,
doch wird andererseits davon ausgegangen, dass eben auf Finanzierungsüberschüsse
zurückgegriffen wird, der Staat also nur das Geld, jene Ersparnisse aufnimmt,
welche die Wirtschaft nicht aufnimmt. Eine Inflation könne also nicht
entstehen, denn eine Finanzierung des Defizits über die Zentralbank und damit
über die Notenpresse – so der Gedankengang – ist dem Staat untersagt.
Nach unseren Einsichten kann es diesen
Finanzierungsüberschuss nicht geben, solange überhaupt noch ein Wachstum
vorhanden ist. Bei jedem Wachstum muss ja auf zusätzliche, d.h. neugeschöpfte
Kredite zurückgegriffen werden, welche die Geschäftsbanken – wie gesagt – aus
dem Nichts schöpfen.
Wenn
jedoch dieses Wachstum nicht ausreichend ist, um einen ausreichend hohen
positiven Gewinnsaldo hervorzubringen, dann muss oder soll der Staat eingreifen.
Ebenfalls mit Krediten aus dem Nichts.
Damit aber wird die Begründung, warum der Staat keine
Zentralbankkredite aufnehmen darf, ad absurdum geführt. Denn auch die
Geschäftsbanken setzen eine – virtuelle - Notenpresse in Gang. Die Begründung
des Verbots von Zentralbankkrediten direkt an den Staat ist also nur (Zweck-?)
Legende.
So werden bei dieser Politik nicht nur die
produzierenden Unternehmen subventioniert. Die Geschäftsbanken können über die
Kreditzinsen, die zu Lasten des Staatsbudgets gehen, mit profitieren. Ein Geld,
das sich die Wirtschaft nun aber nicht selbst über zinsbelastete Kredite
besorgt, sondern dies dem Staat tun lässt.
2.
Der Staat verschuldet sich
bei der Bankenwirtschaft Geld, um mit diesem Geld die Gewinne der
Produktionswirtschaft und die Zinserträge der Bankenwirtschaft zu
subventionieren.
Natürlich sollte man meinen, dass sich der Staat
bemüht, dieses Defizit wegen der Finanzierung über verzinsliche Kredite
möglichst gering zu halten. Doch war das nicht immer so, wie der
berühmt-berüchtigten Sager eines früheren österreichischen Bundeskanzler
zeigt.
11. H. Ch. Binswanger, Geld & Natur,
S. 102ff
12. Binswanger zitiert den Schweizer
Wirtschaftsjournalisten Werner Vontobel.
Der sagt, bei der Diskussion
mit Mainstream-Ökonomen über
wirtschaftliches Wachstum ist eines immer sofort unbestritten: Wachstum muß
sein, und nicht zuwenig, weil einem sonst die anderen überholen, wir
Marktanteile und Arbeitsplätze verlieren,
aber auch nicht zuviel, weil sonst die Wirtschaft überhitzt, national dann
die Wirtschaft bremsen muß. Dieses Credo kommt so schnell, dass man als
kritischer Zuhörer den Verdacht schöpft, dieses ..... kommt unter Umgehung der Großhirnrinde
direkt aus dem Stammhirn bzw. aus den Nervenzellen des Rückenmarks.
13. Relative Preise sind Preise, die
sich nicht in Geld ausdrücken, sondern im Wert von Waren untereinander, also
etwa ein Tisch in soundso viel kg Brot.
Erst später, wenn alles schon gelaufen ist, wird das in Geld ausgedrückt.
Deshalb ist Geld „neutral“.