On Monday 08 November 2004 21:56, georg schmid wrote:
> Hallo Ben,
>
> >(Ben schrieb)
> >Dann ist Bankengeld aber kein Geld mehr. Denn Bankengeld muss
nicht
> >angenommen
> >werden, jedenfalls gibt es keinen gesetzlichen Zwang dazu.
> >
> >Ich glaube dieser Gedankengang führt in eine Sackgasse,
siehe unten.
>
> Abgesehen davon, dass ich das Reservegeldsystem für ein
historischen
> Denkfehler sehe, habe ich noch nie gehört, dass eine Bank die
Annahme
> von Bankenbuchgeld zur Kredittilgung verweigert, weil sie
bitteschön nur
> Zentralbankgeld dafür akzeptiert. Tatsache ist doch, dass
hier die Banken
> die Gesetze machen und selbst der Staat Bankengeld zur
> Steuerschuldbegleichung ohne Widerrede annimmt. Das hier die
Gesetzeslage
> recht schwammig dasteht simmt jedoch schon. Bankengeld muss aber
angenommen
> werden, sonst funktioniert das Spiel ja gar nicht, in den heutigen
> Ausmaszen, ob es nun vom Rechtsstaat so geregelt wurde oder nicht,
es ist
> das Geldsystem selbst, welches hier regiert.
Hallo Georg,
gut dass wir das klar gestellt haben. In dieser Form würde ich der
These auch
weitgehend zustimmen.
> Uns geht es doch darum, herauszustellen wie es kommt,
dass sich die
> Wirtschaftenden freiwillig gegenseitig verpflichten ohne sich im
Gesamten
> untereinander abzusprechen. Also wie es kommt, dass wir so
wohlhabend
> geworden sind und nun die Sache nicht mehr so gut weiterläuft.
Yup.
> Vergessen
> wir da doch die Gesetze der Rechtssprechung, wenn fast alle
Beteiligten
> eine falsche Vorstellung über das haben, was sie hier
eigentlich tun. Wie
> können da die Gesetze plötzlich vernünftig sein?
Das zeigt sich ja z.B. in
> dem absurden Vorschlag, die Abschaffung eines Feiertages
würde wieder alles
> gut machen.
> Aber das ist auch das Problem der Beurteilung
von soziologischen
> Vorgängen: Wir sind es selbst die sich untersuchen
müssen. So wie wenn ein
> Verkehrsstau entsteht und wir in ihm gefangen sind. Da ist es gut
sich ein
> wenig Abstand zu verschaffen.
Korrekt. Wie gesagt, deine ursprügliche Formulierung lud zu
Missverständnissen
ein, die wir ja jetzt geklärt haben. Der Rest sind Nuancen.
> >Natürlich muss man das "ex nihil" qualifizieren. Ganz
ohne Input gibt es
> > auch hier kenen Output. Der wesentliche Input bleibt aber das
Vertrauen
> > (Kredit von credere=glauben), naämlich darauf dass die
Schulden getilgt
> > werden. Ohne Vertrauen kein Kredit. Egal ob dieses nun per
Eisenkugeln
> > oder per (Androhung von) Handabhacken oder per
Eigentumsverpfändung
> > erzielt wird, oder einfach weil wir gute Freunde sind.
Natürlich ist auch
> > Vertrauen eine begrenzte Resource...
> >
> >Ben
>
> Dass Ein Bankenkredit nicht durch Vertrauen entsteht, sondern nur
durch
> reduzieren von Misstrauen zu Wege kommt, erfährt man
spätestens dann, wenn
> man sich selbst um eine Bankenkredit bemüht.
Ich habe nie gegenteiliges behaupten wollen. Natürlich ist in
einer
anonymiisierten Massengesellschaft erst mal das Vertrauen gering, das
Misstrauen hingegen hoch.
Andererseits machst du dir, glaube ich, zu schwache Vorstellungen davon
wie
extrem wichtig Vertrauen im Geschäftsleben ist. Wie überhaupt
der
"menschliche Faktor" gerade von den sogenannten
Wirtschaftswissenschaftlern
generell zu gering geschätzt wird.
Es *ist* ein Unterschied, ob ich den Geschäftspartner kenne oder
nicht. All
die Rituale (abends Essen + Bier trinken gehen, etc...) sind doch dazu
da,
den anderen kennen zu lernen um letztlich Vertrauen entstehen zu
lassen. Die
Firmen würden nicht so viel Geld für sowas ausgeben, wenn es
sich nicht als
nützlich erwiesen hätte. Es ist ja gerade die Paradoxie des
Kapitalismus,
dass er auf (menschlichen) Grundlagen basiert, deren Existenz er aber
leugnen
muss, um sich selbst zu rechtfertigen. Wobei immer die Tendenz besteht,
diese
Grundlagen auszuhöhlen und sich damit langfristig das Wasser
selber
abzugraben. Die Rechtfertigung abzuliefern aber ist der Job der
(Volks-)
Wirtschaftswissenschaftler, und deshalb können sie nicht sehen,
was für den
Geschäftsführer jeder Firma ganz offensichtlich ist.
> Ausserdem, wer gibt hier
> eigentlich etwas im Voraus? Das sind doch die Lieferanten und
nicht die
> Banken! der Input kommt ja von den Liferanten und die werden nicht
gefragt
> ob sie nun der Sache vertrauen können oder nicht; auch wenn
sie "glauben",
> dass sie etwas für ihr eingenommenes Geld bekommen.
Du hast vollkommen recht! In der Tat sind es die Lieferanten, die die
eigentlichen Gläubiger sind. Genau deshalb ist es ja für die
Banken so
wichtig, dass über ihre Zahlungsfähigkeit (und -bereitschaft)
wirklich nicht
der geringste Zweifel aufkommt. Sonst würden die Lieferanten
nämlich deren
Geld nicht so ohne weiteres annehmen. Ein Grund mehr im übrigen
für die
Banken, ihren Kreditkunden gegenüber besonders vorsichtig und
misstrauisch zu
sein.
> Sie erwarten einfach
> den produktiven Output und wissen oft gar nicht, dass dieser ohne
Schuldner
> gar nicht zustande käme. Die Sache beruht doch auf
"sonambuler Konfidenz".
> Die eigentlichen Gläubiger wissen gar nicht, dass sie
Gläubiger sind. Und
> die Banken erscheinen nun fälschlicherweise als die wahren
Gläubiger obwohl
> sie mangels Masse lediglich in der Lage sind eine Vermittlerrolle
zu
> spielen.
...und sich nebenbei an der Geldschöpfung zu bereichern.
Schließlich können
die Banken auch ganz gut mit selber geschöpftem Geld einkaufen
gehen (genauer
gesagt auf Kredit kaufen; nur dass das wenige so sehen). Die
institutionelle
Verankerung des Bankwesens in der Gesellschaft und das Vertrauen
darauf, dass
sie nicht morgen pleite gehen, ermöglicht ihnen das.
> Das "Vertrauen" im Kreditvertrag ist doch wie das Kalkül
eines
> Feldherren über einen möglichen Sieg in der
nächsten Schlacht, und sicher
> nicht die Gutherzigkeit wie unter Freunden. Es ist das berechnende
> Abschätzen des wirtschaftlichen Schuldnererfolgs und ist so,
zunächst
> sicher nicht einmal falsch.
Du darfst nie vergessen dass die Beteiligten immer auch Menschen sind.
Ich
glaube es ist ein Grundbedürfnis seinem Mitmenschen vertrauen zu
können und
selber Vertrauen entgegengebracht zu bekommen. Wie sonst hätte es
ein Blender
a la Schneider schaffen können, die ach so eiskalten Profis von
der Deutschen
Bank über's Ohr zu hauen?
Siehe im übrigen meinen uralten aber immer noch aktuellen Beitrag
zum Thema
'Käuflichkeit und Gegenseitigkeit',
der immer noch auf der
NewMoney Homepage
rumliegen müsste.
Ben